Das Ökosystem Wald
So oder so ähnlich haben wir das alle mal in der Schule gelernt: Bäume produzieren Sauerstoff durch Photosysnthese und verbrauchen dabei das schädliche Kohlendioxid. Diese Aussage mag auch stimmen, so lange sich ein Baum in der Wachstumsphase befindet. Dann nämlich sorgt die Photosynthese dafür, dass der Baum atmosphärischen Kohlenstoff in Biomasse (Holz, Blätter usw.) umwandelt. Was aber passiert in der Wachstumsruhe?
Im Winterhalbjahr ruht die Photosyntheseleistung der Bäume, womit der Kohlenstoffaufbrauch aus der Atmosphäre gegen Null geht. Statt dessen werden aber die organischen Abfälle, wie Blätter oder abgefallenes Astwerk durch Mikroorganismen zersetzt. Diese wiederum arbeiten aerob. Das heißt, ihr Stoffwechsel gleicht dem unseren. Die Mikroorganismen veratmen die organischen Abfälle unter Freisetzung von Kohlendioxid. Und zwar genau so viel, wie durch die Photosynthese des Baumes vorher gebunden wurde.
Das bedeutet: Damit dem Wald wirklich die Rolle zukäme, die man ihm jahrelang beigemessen hat, müsste er ständig an Biomasse zunehmen und dürfte keine Abfälle produzieren: sein Laub nicht abwerfen, nach dem Absterben nicht verrotten, die Bäume müssten immer dicker und die Waldfläche immer größer werden. Das passiert jedoch nicht, da auch gesunde Wälder ein funktionierendes Ökosystem sind, in denen Stoff- und Energieumsätze ausgeglichen sind.
Diesen Aspekt hatte man langezeit nicht angemessen berücksichtigt, daher resultiert dieser Mythos.
Wöllte man durch das Pflanzen von Bäumen eine Beitrag zum Klimaschutz leisten, hätte man eine gewaltige Aufgabe vor sich: ein heranwachsender Wald kann pro Jahr etwa 2 Tonnen atmosphärischen Kohlenstoff pro Hektar speichern. Um den vom Menschen verursachten Überschuss an CO2 zu binden, müsste man 15 Mio km² Wald aufforsten. Das entspricht der anderthalbfachen Fläche Europas. Wäre der Wald ausgewachen, käme der Effekt der Kohlenstoffspeicherung aber erneut zum Erliegen. Je nach Baumbestand kann das nach 120 - 300 Jahren der Fall sein.
Freibrief zur Abholzung?
Ein Freibrief zur Abholzung der Wälder kann diese Erkenntnis jedoch nicht sein. Wälder sind wichtige Kohlenstoffspeicher. Brandrodung, wie sie leider in weiten Teilen der Tropen betrieben wird, setzt den Kohlenstoff als CO2 wieder frei. Mechanische Rodung schadet der Atmosphäre dagegen kaum. Im Gegenteil: Forstet man die gerodeten Flächen wieder auf, kann eine neue Generation von Bäumen erneut Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnehmen und diesen für lange Zeit speichern.
Der Schutz der Wälder ist darüber hinaus wichtig, weil er Lebensraum für zahllose Tiere und Pflanzen ist, die Böden stabilisiert und den Wasserkreislauf reguliert. Wälder sind Nutz- und Erholungsraum für den Menschen. Sie zu erhalten, ist vorallem aus diesen Gründen sinnvoll - weniger aus Sicht des Klimaschutzes.
Woher kommt der Sauerstoff?
Das Weltmeer ist der bedeutendste Sauerstofflieferant.
Hier sind Algen die Primärproduzenten. Der von ihnen produzierte Sauerstoff wird über das Wasser and die Atmosphäre abgegeben, Kohlenstoff wird auf dem gleichen Weg gebunden. Anders als in den Wäldern jedoch, wird ein großer Teil an Algen oder den ihnen in der Nahrungskette nachfolgenden Konsumenten nicht wieder aerob abgebaut. Die Meeresböden sind riesige Kohlenstoffsenken. In der sauerstofflosen Tiefe werden organische Substanzen durch anaerobe Bakterien zu Faulschlamm umgesetzt. Dieser kann zu Methanhydratlagerstätten werden - oder wenn man ihm mehrere Millionen Jahre zeit lässt - auch zu Erdöl- oder Erdgaslagerstätten. Auch die marinen Kalksteine, die aus den Schalen der Krustentiere oder Ausfällung von Kalk enstehen, speichern Kohlenstoff. Chemisch gesehen ist Kalkstein nämlich nicht anderes als das Salz der Kohlensäure (CaCO3).
Links:
Kohlenstoffkreislauf
Funktionen des Waldes
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